20.04.2023

Gesundheitssystem Vorarlberg: Handlungsbedarf auf mehreren Ebenen

Der Gesundheitszustand der Vorarlberger:innen hat sich nach drei Jahren Pandemie verschlechtert und die Qualität im Vorarlberger Gesundheitssystem hat in den letzten Jahren erkennbar nachgelassen.

Gleichzeitig ist die Krankenkassenreform gescheitert und das Rekorddefizit der österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) wird zum größten Teil von den westlichen Bundesländern Vorarlberg, Tirol und Salzburg zumindest teilweise kompensiert.

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90 Prozent sehen Ungleichheit im System

In einer Umfrage der Arbeiterkammer Vorarlberg geben über 90 Prozent der knapp 4000 Teilnehmer:innen an, dass Qualität und Leistungen im Gesundheitssystem nicht für alle Menschen gleich sind. Die Zufriedenheit im Gesamtsystem ist zwar mittelmäßig, die Qualität hat sich in den letzten Jahren aber verschlechtert. Die Wartezeiten für Termine – besonders bei Fachärzten – sind für mehr als drei Viertel der Befragten unverhältnismäßig lang. 40 Prozent der Befragten geben an, trotz Termin länger als 30 Minuten auf die Behandlung warten zu müssen.

Es besteht akuter Handlungsbedarf: Besonders wichtig wären laut den Befragten die Abschaffung der Mehrklassenmedizin, mehr Kassenstellen, kürzere Wartezeiten und mehr Zeit für Behandlungen. Die Mehrheit wünscht sich, entgegen der Zentralisierung auf Bundesebene, mehr Spielraum auf regionaler Ebene, um das Gesundheitssystem in Vorarlberg verbessern zu können. 

Hohe Abgänge statt „Patientenmilliarde“

Bei der ÖGK gibt es derweil hohe Abgänge statt der versprochenen „Patientenmilliarde“, Machtzentralisierung und eine absurde Bürokratie sowie eine weitgehende Entmachtung der Arbeitnehmervertreter in ihrer eigenen Krankenkasse.
 
Insgesamt rutscht die ÖGK bis 2027 in ein Minus von rund 1,2 Milliarden. Den drei westlichsten Bundesländern werden im Gegenzug 819 Millionen Euro aus der Tasche gezogen, sonst würde sich der Abgang bei rund zwei Milliarden Euro einpendeln.

Im Jahr 2027 soll das Jahresdefizit der gesamten ÖGK immer noch so hoch sein wie im Jahr 2022. Dieser Befund verschwimmt allerdings in der neuen ÖGK, da es nur noch ein Gesamtergebnis gibt. Im Unterschied zu der Struktur mit den einzelnen Länderkammern mit jeweils eigenen Rechnungsabschlüssen und der Möglichkeit, in den Bundesländern Reserven aufzubauen, fließen die in den westlichen Bundesländern erwirtschafteten Überschüsse zu den defizitären ÖGK-Landesstellen, vor allem nach Wien.

Dringend benötigtes Geld

Entzogen wird ihnen jenes Geld, welches dringend für Gesundheitsprojekte und die Weiterentwicklung der Versorgung auf regionaler Ebene gebraucht wird. Und damit kein Missverständnis aufkommt: Die AK-Präsidenten bekennen sich zu einem solidarischen Finanzausgleich zwischen den Ländern, wenn diese eine schwächere Beitragseinnahmensituation haben. Kritisiert wird allerdings, dass in kleineren Bundesländern auch keine neuen, qualitativ hochwertigen Arbeitsplätze mehr entstehen, während in der neuen zentralistischen Struktur laufend zusätzliche Stellen geschaffen werden.
 
Durch die maximale Zentralisierung ist keine optimale Anbindung der Systempartner wie Ärztekammer, Landesgesundheitsreferenten, regionalen Interessensvertretungen und regionalen Gesundheitsdienstleistern mehr möglich. Das führt unter anderem auch dazu, dass in den Bundesländern zunehmend Kassenärzte fehlen und die Versorgung der Patienten leidet. 

"Uns ist klar, dass es derzeit keine politische Mehrheit zur Abschaffung der Zentralisierung gibt, aber jetzt einfach tatenlos zuzusehen, wie die Interessen der Patienten im Land auf der Strecke bleiben und trotzdem massive Defizite erwirtschaftet werden, wäre unverantwortlich und geradezu fahrlässig."

 Bernhard Heinzle

AK Präsident


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